Donnerstag, 1. Mai 2008
Zenon von Kition (333-262 v.Chr.)
Wir sollen nur solche Ziele wählen, die wir mit eigener Kraft erreichen können, das heißt, wir müssen das Unverfügbare im Leben "entwerten". Dies nennt Zenon "einstimmig" (homologoumenos) leben.

Für materielle Werte läßt sich diese Maxime noch relativ einfach anwenden. Wenn z.B. der größte Traum ein Eigenheim ist, dann kann man sich vor Augen führen, daß materielle Dinge nicht wirklich glücklich machen und man schon bald wieder andere neue Wünsche hat. Für immaterielle Werte es die Maxime dann allerdings schon schwieriger anzuwenden. Was ist, wenn man Fairness und Gerechtigkeit erwartet? Wenn man weder ausgenutzt werden will noch selbst ausnutzen möchte? Soll ich dann allen Ernstes Gerechtigkeit "entwerten", d.h. als wertlos und nicht erstrebar ansehen? Das ist für viele sicher überhaupt kein Problem, für mich aber schon.

Vorstellbar wäre für mich allenfalls, Gerechtigkeit als solche nicht zu "entwerten" sondern als unerfüllbare Phantasme anzusehen. Ein Phantasiebegriff wie Elfe oder Einhorn. Etwas, das wunderschön ist, aber eben nicht existent. Etwas wird also nicht "entwertet" sondern quasi "entlarvt". Damit kann ich mich schon eher anfreunden. Die große Lüge von der Gerechtigkeit. Etwas, für das es sich angeblich zu kämpfen und zu leben lohnt. Entlarven als Phantasie. Ungerechtigkeit als etwas hinnehmen wie schlechtes Wetter oder den Tod. Etwas Unvermeidbares. Dagegen aufbegehren heißt gegen Windmühlen kämpfen.
Ja, so ist es wohl.

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Ich glaube ja so sehr an Gerechtigkeit im Ganzen, dass ich daraus auch zusätzliche Kraft schöpfe, um an ein Leben nach dem Tod zu glauben.
Wenn ich aber andersrum nur an das glaube, was zwischen Geburt und Tod liegt, gibt es natürlich überhaupt gar keine Diskussion: Es gibt keine Gerechtigkeit.

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Ich kann nicht an Gerechtigkeit glauben, weil ich sie fast nie erlebe. Ich habe in den letzten zehn Jahren überwiegend Menschen erlebt, die nur nach dem Prinzip des eigenen Vorteils handeln. Gerechtigkeit ist denen schnurzpiepe egal. Ohne Menschen mit Gerechtigkeitssinn kann es auch keine Gerechtigkeit geben.

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