Freitag, 19. Juni 2009
Hypnos ausgestreckte Hand
Hab in einer sternlodernden Nacht
Den Mann neben mir ums Leben gebracht.
Und als sein girrendes Blut gen Morgen rann,
Blickte mich düster sein Schicksal an.

Else Lasker-Schüler


Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns

Rainer Maria Rilke

Verbrennen mußt du dich wollen
in deiner eigenen Flamme.
Wie wolltest du neu werden,
wenn du nicht zuvor Asche geworden bist!

Friedrich Nietzsche


Schlafen will ich! Schlafen mehr denn leben!
In einem Schlaf, sanft wie der Tod,
will ich reulos hinbreiten meine Küsse
über deinen schönen Leib, den kupferblanken.

Charles Beaudelaire


Du hast mich beschworen aus dem Grab
Durch deinen Zauberwillen,
Belebtest mich mit Wollustglut –
Jetzt kannst du die Glut nicht stillen.

Preß deinen Mund an meinen Mund,
Der Menschen Odem ist göttlich!
Ich trinke deine Seele aus,
Die Toten sind unersättlich.

Heinrich Heine


Hypnos, Sohn der Nyx und Bruder des Thanatos
Deines Bruders Größe hast du nicht
Und doch seid ihr gleichen Blutes.
Geboren und genährt von der Göttin der Nacht
Weilt Ihr beide nicht im Tageslicht.
Du läßt uns Menschen ausruhen von des Tages Last.

Hypnos, du lehrst uns deines Bruders Welt
Auf daß wir vorbereitet sind,
Wenn der Tag kommt, an dem er uns die Hände reicht.
Und unsere Wunden mit Lethes Wasser kühlt.
Und läßt uns ausruhen von des Lebens Last.

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Sonntag, 17. Mai 2009
Bouche de Fraise
Erdbeermund

Ich bin so will nach deinem Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,
da blüht ein schöner Zeitvertreib
mit deinem Leib die lange Nacht.
Da will ich sein im tiefen Tal
dein Nachtgebet und auch dein Sterngemahl.

Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,
da schlief ich manches Sommerjahr
bei dir und schlief doch nie zu viel.
Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,
das macht mir wieder frohen Mut.
Komm her, ich weiß ein schönes Spiel
im dunklen Tal, im Muschelgrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!

Die graue Welt macht keine Freude mehr,
ich gab den schönsten Sommer her,
und dir hat’s auch kein Glück gebracht;
hast nur den roten Mund noch aufgespart,
für mich so tief im Haar verwahrt....
Ich such ihn schon die lange Nacht
im Wintertag, im Aschengrund...
Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.

Im Wintertal, im schwarzen Beerenkraut,
da hat der Schnee sein Nest gebaut
und fragt nicht, wo die Liebe sei.
Und habe doch das rote Tier so tief
Erfahren, als ich bei dir schlief.
Wär’ nur der Winter erst vorbei
und wieder grün der Wiesengrund!
...Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!

François Villon (1431-1463)

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Das ist schon etwas anderes als Bushido & Consorten. Ich bin neidisch auf die Frauen der damaligen Zeit.....

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Sonntag, 1. Februar 2009
Ideale sterben wie Menschen
Ideale sterben wie Menschen.
Manchmal kurz und schmerzlos
manchmal in langer Agonie.

Manche waren schon lange
krank und siech.
Andere waren noch jung und
niemand rechnete schon mit ihrem Tod.

Manchmal werden sie auch
aus dem Hinterhalt erstochen.
Und manchmal werden sie erstickt.

Ideale werden zu Grabe getragen
wie Menschen.
Manchmal mit großer Trauergemeinde,
manchmal ohne einen einzigen Trauernden.

Manche haben große Gräber, so daß man
noch lange an sie erinnert wird.

Manche werden anonym verscharrt
und niemand denkt mehr an sie.

Manche werden kunstvoll mumifiziert
weil man hofft, ihr Leben kehrt
irgendwann in ferner Zukunft zurück.

Ideale sterben wie Menschen.
Manche schreien und kämpfen
bis zum letzten Atemzug.
Manche geben sich ohne
Widerstand dem Tod hin.

Und manchmal hinterlassen
sie Waisen.


Lilith2

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