Montag, 10. März 2008
Ein Rest von Glauben
Ein erstes Zeichen beginnender Erkenntnis ist der Wunsch zu sterben. Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar. Man schämt sich nicht mehr, sterben zu wollen; man bittet, aus der alten Zelle, die man haßt, in eine neue gebracht zu werden, die man erst hassen lernen wird. Ein Rest von Glauben wirkt dabei mit, während des Transportes werde zufällig der Herr durch den Gang kommen, den Gefangenen ansehen und sagen: "Diesen sollt ihr nicht wieder einsperren. Er kommt zu mir."

Franz Kafka (1883 - 1924)

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Da gibt es zwei Interpretationsmöglichkeiten. Einmal steht "der Herr" für jemanden, der zu einem Leben jenseits einer Zelle führt, aber immerhin noch ein Leben.
Dann werden vielleicht manche "den Herrn" interpretieren als eine metaphysische Kraft (Gott?), die aus dem Leben herausführt, da Kafka ja Leben mit Zellen vergleicht und jetzt ein Leben jenseits des Eingesperrtseins vorgeschlagen wird, das also kein Leben mehr sein kann.

Die erste Interpretation könnte auch von einem jemand handeln, der den Selbstmord verhindert und die Möglichkeit eines besseren Lebens vorschlägt. Jemand der anordnet, daß der Selbstmörder besser leben darf, ein "Helfer des Lebens".

Bei der zweiten Interpretation ist der besagte Jemand lediglich ein Erlöser, der den Selbstmörder von seinem qualvollen Leben erlöst.

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